Mein Leben danach // Sternenmama

Mein Leben danach // Sternenmama

Puhh… ich weiß gar nicht so Recht wo und wie ich anfangen soll zu schreiben. Es ist mein erster Beitrag, der sich meinen Leben, meinem Befinden, nach meiner stillen Geburt widmen soll. 6 Monate ist es her, dass wir uns von unserer Tochter verabschieden mussten. Seit 7 Monaten nun vermisse ich diesen kleinen Menschen, der 6 Monate in meinem Bauch gewohnt hat. Seit 6 Monaten weiß ich nun was Schmerz bedeutet, wie groß Sehnsucht sein kann und wie ungerecht das Leben ist. Seit fast 12 Monaten bin ich Mutter und seit 6 Monaten Sternenmama.

Blicke ich zurück und schaue ich nach vorne, kann ich mein Leben in zwei Abschnitte einteilen. Für mich gibt es ein Leben davor und eins danach. Es hat sich alles verändert, mein Leben, meine Gedanken, meine Gefühle, mein Körper. Plötzlich ist alles neu getacktet.

Wie  geht es  dir?

Wenn mich jemand fragt, ob es mir gut geht, kann ich ja sagen. Es  ist aber nicht das gleiche gut, wie noch vor einem Jahr. Es ist weit davon entfernt. Ich kann nicht sagen, ich bin glücklich. Ich kann sagen, dass mich Dinge glücklich machen. Für den Moment, für eine kurze Zeit. Mir geht es anders gut und ich bin anders glücklich. Überhaupt… Glücklich sein. Eigentlich bin ich stets und ständig glücklich unglücklich. Es gibt viele Dinge, die diese Glücksmomente bei mir auslösen. Es sind meine Freunde, meine Familie und vor allem mein Mann, Momente des Zusammenseins und Genießens.

Aber tief innen drin, ist diese Trauer, die sich mit meinem  Leben ganz fest verstrickt hat. Die will nicht gehen.

Wie schaffst du das nur damit zu leben? Ich könnte das nicht.

Was man schafft und was man nicht schafft, das weiß man vorher meistens nicht. Bei mir ist es ist so, dass ich viel mehr aushalte, als ich es je von mir selbst gedacht hätte. Und bei dir wäre es sicher ganz genau so. Ganz ehrlich, was ist denn auch die Alternative? Die Alternative heißt aufgeben. Für mich ist klar, dass ich nicht vor mir dahin vegetieren möchten und auch klar ist, dass ich mein Leben nicht beenden will. Also bleibt doch nur weitermachen. Weitermachen und all seine Kraft zusammen nehmen.

So lange ich meinen Mann an meiner Seite habe, meine Familie und meine Freunde, wird es immer schöne Momente geben, die drauf warten erlebt zu werden. Das treibt mich persönlich an, weiterzumachen. Ich will das Beste und Schönste aus meinem Leben rausholen und es in vollen Zügen genießen.

…als hätte mich jeden Tag jemand verprügelt

Ich habe erlebt, wie es ist, wenn dir der Boden unter den Füßen plötzlich weggezogen wird. Die erste Zeit habe ich mich gefühlt, als hätte mich jeden Tag jemand verprügelt. Psychisch und Körperlich war ich so schwach und am Limit. Ich habe wie ein Zombie im Bett gelegen, geweint, geschlafen, Netflix geguckt und wieder von vorne. Ich habe mich dann an einem Punkt ganz bewusst dazu entschlossen, aus meinem Bett aufzustehen und mein Leben fortzuführen. Nicht neu anzufangen, sondern weiterzumachen. Alles was passiert ist, gehört zu mir, jeden Tag und ich muss lernen damit umzugehen.

Warum kein Neuanfang?

Weil das heißen würde, dass ich das ausblende, was passiert ist und das kann und will ich nicht. Unsere kleine Tochter soll niemals vergessen werden. Das würde ihr einfach nicht gerecht werden. Sie soll weiterleben in unseren Herzen und Gedanken. Das wird sie auch, denn sie wird immer unser erstes Kind bleiben.

Das bedeutet auch nicht, dass mein Weg des Weitermachens nur bergauf geht. Das heißt es leider ganz und gar nicht. Es geht hoch und runter und manchmal bleibt plötzlich alles stehen. Aber ich hoffe auf immer mehr und längere Hochs und weiß, dass ich nicht alleine bin.

Was mir hilft…

Ich hab leider nicht dieses eine Geheimrezept, wie man als Sternenmama oder Papa weiterlebt. Ich weiß nicht genau, ob mein Weg der richtige ist. Aber es ist ein Weg, es ist mein Weg. Was mir hilft ist, darüber offen zu sprechen. Mir Zeit zu nehmen, wenn ich merke, dass ich traurig bin und das dann auch auszusprechen. Ich spreche es auch aus, wenn ich nicht darüber reden will. Denn das ist genau so wichtig. Ich versuche da, so gut wie es geht, in mich reinzuhören.

Wenn mich andere darauf ansprechen und ich fühle mich dabei unwohl, dann sag ich das. Genau so wie ich gelernt habe etwas zu sagen, wenn mir jemand ein unpassenden und unüberlegten Kommentar entgegenbringt. Ich muss das machen, damit mich das nicht die nächsten drei Tage im Schlaf verfolgt.

Und dann gibt es auch die Tage, an denen ich es einfach anspreche und sage, heute ist es scheiße. Heute bin ich traurig. Auch weil dann man Gegenüber weiß woran er ist. Das hilft nicht nur mir, sondern auch dem anderen.

Wie es weitergeht?

Das weiß ich nicht. Aber es geht weiter. Das ist ja das Erschreckende. Das was man erstmal nicht begreift. Das sich die Welt einfach weiterdreht. Aber es ist auch gut, denn ich will mich auch weiterdrehen. Es ist unendlich schwer und hart, dafür gibt es keine Worte. Aber meine Reise hält noch an und ist nicht vorbei.

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3 Kommentare

  1. April 22, 2019 / 8:06 pm

    Liebe Cati, wie mutig und schön, dass Du Dich mitteilst. Sicherlich nicht einfach, aber dennoch gut… denn es heilt auch etwas auszusprechen das in einem sitzt und raus will, soll!

    Ich habe zwei gesunde Kinder, ich kann mir nichtmal vorstellen wie sich dieser Verlust anfühlen muss, noch will ich dies natürlich.

    Was ich jedoch weiß ist, auch wenn ich Dich nicht persönlich kenne, verbinden uns unsere Kinder und die Liebe und Trauer für sie. Mein Mitgefühl für Euch und den Verlust war groß und ich habe oft an Dich gedacht.

    Du bist eine Mama, wie ich auch! Das Du diesen Text über deine Erfahrung schreibst finden ich sehr schön und damit ehrst du Deine Tochter und teilst etwas, worüber viele nicht sprechen können.

    Ich wünsche Euch alles Gute… ❤️

    ~ Bettina

  2. April 22, 2019 / 8:41 pm

    Liebe Cati, es ist so schwer die richtigen Worte zu finden, denn ich habe das Gefühl, dass nichts dem gerecht wird, was ich dir so gerne sagen und geben würde! Ich denke wirklich viel an dich… immer noch. Mein tiefes Mitgefühl …
    Kate ♥️

  3. Anne
    Juli 17, 2019 / 11:05 am

    Ich musste mehr als nur einmal schlucken,als ich deine Worte gelesen habe. Noch öfter als schlucken musste ich zustimmend nicken. Danke!
    Manchmal fehlen einem die Worte, um das Unmögliche zu erklären.
    Ich bin seit 3 Monaten Mama von 2 Sternen und es ist verdammt hart zu realisieren, dass sich die Welt einfach weiter steht.
    Ich bin dabei mich wieder zu finden… mich neu einzuordnen. Der Trauer Raum zugeben, aber auch all den anderen Gefühlen, die an die Erfahrung meine Söhne bekommen und verloren zu haben geknüpft sind.
    Danke für deine schönen Worte- ich weiss wie viel Überwindung es kostet. Aber es ist so unglaublich wichtig dieses Thema zu enttabuisieren. Ich versuche meine Gedanken auch in Worte zu fassen. Wenn du Lust hast – Schau vorbei 🙂

    Instagram: mamawerden1.0

    Liebe Grüsse Anne